Die Depression (lat.: Lustlosigkeit, Bedrücktheit) ist eine psychische Störung, die die Gefühlswelt eines Menschen negativ verändert. Freudlosigkeit, Niedergeschlagenheit und Antriebslosigkeit sind starke Symptome einer Depression. Depressionen sollten nicht mit schlechter Laune oder Traurigkeit verwechselt werden. Auch die Trauer über den Tod eines geliebten Menschen mündet nicht automatisch in eine Depression. Traurigkeit ist ein temporärer Zustand, sozusagen ein Gefühlstief und das gehört ganz natürlich zu unserem Leben dazu.

Die Lebensqualität eines depressiven Menschen wird dagegen über einen langen Zeitraum deutlich gemindert. Bei depressiven Patienten ab 60 Jahren spricht man von einer Altersdepression bzw. einer Depression im Alter.

Symptome der Altersdepression

Da Altersdepressionen vielfältige Ursachen haben und mit anderen Krankheiten gleichzeitig auftauchen können, ist es schwierig, ein typisches Krankheitsbild zu zeichnen. Neben dem Gefühl der Bedrücktheit und Antriebslosigkeit fühlen sich Betroffene oft hilf- und hoffnungslos. Depressive Menschen leiden in vielen Fällen unter starken Minderwertigkeitsgefühlen und Schuldgefühlen. Hinzu kommen mangelnde KonzentrationsfähigkeitReizbarkeit und Suizidgedanken. Betroffene beschreiben Depressionen manchmal auch als ein „Gefühl der Gefühllosigkeit“.

Folgende körperliche Leiden können Anzeichen einer depressiven Stimmungsveränderung bei älteren Menschen sein:

  • Kopfschmerzen
  • Rücken- und Gliederschmerzen
  • Schwindelanfälle
  • Magen-Darm-Beschwerden, speziell Verstopfungen
  • Ohrgeräusche
  • Atemprobleme
  • „Kribbeln“ im Körper
  • Appetitlosigkeit und Gewichtsverlust (Mangelernährung)
  • Schlafstörungen
  • Müdigkeit
  • Innere Unruhe

Diese Leiden sind aber nicht nur Symptome einer Depression, sondern sie gehören gleichzeitig zu den klassischen Beschwerden des Älterwerdens. Wenn ältere Menschen unter Schlafstörungen leiden, heißt das also nicht automatisch, dass sie Depressionen haben. Schließen Sie die Möglichkeit, dass eine Depression vorliegt aber auch nicht sofort aus. Wenn sich Betroffene ausschließlich um die Linderung der körperlichen Beschwerden kümmern, kann eine emotionale Stimmungsveränderung schleichend im Hintergrund verlaufen. Achten Sie deshalb auf die typischen Anzeichen einer Depression. Die Hauptsymptome einer Depression sind psychische Beschwerden. Dazu zählen:

  • Lustlosigkeit
  • Antriebslosigkeit
  • Vermindertes Gefühl von Freude
  • Wenig Interesse an anderen Menschen
  • Rückzug aus dem sozialen Umfeld
  • Plötzliches Weinen
  • Selbstzweifel
  • Das Gefühl, man sei nichts wert und habe Gutes nicht verdient
  • Suizidgedanken
  • Bei schwerer Depression: Halluzinationen und Wahnvorstellungen

Info

Bei Selbstmordgedanken zum Hörer greifen!

Wenn Ihre Gedanken um den Tod kreisen und Sie überlegen, sich das Leben zu nehmen: Sprechen Sie mit anderen Menschen darüber. Das können Angehörige oder Freunde sein. Manchmal ist es aber auch leichter, sich einer Person anzuvertrauen, die einem nicht nahe steht. Sollten Sie als Angehöriger bemerken, dass eine Person in Ihrem Umfeld über Suizid nachdenkt, bitten Sie ihn, sich psychotherapeutische Hilfe zu holen.

Altersdepressionen: Abgrenzung von Demenz

Das Wechselspiel zwischen Depression und Demenz sowie anderen hirnorganischen Erkrankungen ist komplex und noch nicht vollständig erforscht. Beschwerden wie depressionsbedingte Gedächtnisstörungen können starke Ähnlichkeiten zu einer Demenz aufweisen. 

keiten beim Denken und Sprechen sowie Konzentrationsstörungen sind typische Symptome sowohl einer Demenz als auch einer Depression.

Betroffene haben Probleme, Sätze zu formulieren oder einen Gedankengang zu verfolgen. Oft haben sie das Gefühl, dass das Sprechen „gebremst“ oder „blockiert“ wirkt. Derlei Situationen überfordern die Betroffenen schnell, was sich in Antworten wie „ich weiß es nicht“ zu erkennen gibt.

Depression im Alter: Unterschiede Depression & Demenz

Die deutsche Depressionshilfe macht folgende Unterscheidung zwischen einer Altersdepression und einer Demenz:

Anzeichen, die eher für eine Depression im Alter sprechenAnzeichen, die eher für eine Demenz (Typ Alzheimer) sprechen
Beginn der Veränderung innerhalb weniger WochenDepressive Stimmung kaum beeinflussbar und konstant über einen längeren Zeitraum zu beobachtenIm Verlauf eines Tages durch Morgentief und Aufhellung am Abend gekennzeichnetBetroffener klagt über seinen Zustand, „kann und weiß nichts mehr“Das Denken ist eher gehemmt, verlangsamt, aber nicht verwirrtSchleichender Veränderungsbeginn über MonateStimmung insgesamt eher instabil und leicht zu beeinflussen, „umzustimmen“Betroffener klagt wenig, verleugnet, „hat keine Probleme“Orientierung hinsichtlich Ort und Zeit fällt zunehmend schwerOft nächtliche Verwirrtheitszustände 

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Ursachen von Altersdepression

Was Altersdepressionen genau auslöst, ist unklar. Wissenschaftliche Untersuchungen deuten darauf hin, dass es zwei grundsätzliche Ursachen gibt, die eine Depression im Alter bedingen können: Es sind in der Regel psychosoziale und neurobiologische Faktoren, die beim Erkrankten eine Rolle spielen. Meistens sind beide Faktoren gleichzeitig vorhanden.

  • Hormonelle Störungen

Es kommt bei manchen Menschen vor, dass bestimmte Hormone und Botenstoffe im Gehirn fehlen oder es zu wenig von ihnen gibt. Das führt zu einem Ungleichgewicht, wodurch die Übertragung von Signalen gestört werden. Das „Glückshormon“ Serotonin spielt hier eine große Rolle.

  • Genetische Verfassung

Ob wir grüne oder blaue Augen haben, bestimmen unsere Gene. Ganz ähnlich sieht es bei unserer Tendenz zur Schwermut aus. Manche Menschen werden mit Genen geboren, die das Risiko, an einer Depression zu erkranken, erhöhen. Menschen, bei denen die Mutter oder der Vater an einer Depression erkrankt ist, haben ein höheres Risiko, selbst depressiv zu werden.

  • Medikamente

Depressive Syndrome können durch die Medikamentengabe oder durch Medikamentenumstellungen hervorgerufen werden. Bestimmte Medikamente erhöhen das Risiko für eine Depression und für Schmermut. Dazu zählen blutdrucksenkende Mittel, entzündungshemmende Mittel, Hormonpräparate, Allergiemittel, Medikamente gegen Parkinson, Antikrebsmedikamente und Beruhigungsmittel.

  • Traumatische Erlebnisse

Schwierige Lebensumstände können dazu führen, dass Depressionen mitunter erst nach Jahren ausbrechen.

Es ist möglich, dass traumatische Erlebnisse in der Kindheit Depressionen im Erwachsenenalter auslösen. Menschen, die als Kinder und Jugendliche den Zweiten Weltkrieg und die Nachkriegszeit erlebt haben, leiden vielfach bis heute unter den schlimmen Erfahrungen. Was häufig vorkommt: Betroffene leben ihr Leben scheinbar jahrelang ohne Symptome einer psychischen Erkrankung. Im Alter kochen die traumatischen Erinnerungen und Gefühle dann wieder hoch: Kriegserlebnisse, Bombenhagel, Verschüttungen oder Vergewaltigungen werden in Form von Rückblenden erneut durchlebt.Info

Was ist ein Trauma?

Eine Traumatisierung ist eine psychische Verletzung infolge einer erlebten Todesangst. Der Körper kann das Erlebnis nicht richtig verarbeiten. Das traumatische Ereignis muss sich nicht auf eine Bedrohung der eigenen Person beziehen, sondern kann auch durch eine Situation ausgelöst werden, in der etwas Schreckliches beobachtet wird. Physiologisch gesehen stellen Traumata „Auslöschungserfahrungen“ dar. Der Körper schüttet im Moment des Erlebens, aber auch danach noch, die Stresshormone Adrenalin und Cortisol aus. Damit wird der Mensch auf Kampf und Flucht eingestellt. Depressionen können durch Traumata in der Kindheit ausgelöst werden.ausklappen

  • Stress und Überlastung

Anhaltende Stressbelastungen wie Armut oder fehlende soziale Anerkennung können Depressionen begünstigen. Auch anhaltender körperlicher Stress kann die psychische Gesundheit beeinträchtigen und zu Depressionen führen.Info

Herzinsuffizienz und Depressionen

Es wird geschätzt, dass 20 bis 40 Prozent der Patienten mit Herzinsuffizienz zusätzlich an einer Depression leiden. Menschen mit dieser Krankheit haben bis zu viermal häufiger Depressionen als gesunde Menschen. Das Risiko, an einer Herzinsuffizienz zu versterben, wenn eine Depression hinzukommt, ist fünfmal höher. Vor diesem Hintergrund ist es besonders wichtig, beim Bestehen einer Herzinsuffizienz eine darüber hinaus bestehende Depression zu behandeln.ausklappen

  • Verlusterlebnisse

Verluste von nahestehenden Personen (z. B. wenn der Ehepartner verstirbt) und Einsamkeit im Alter können Schwermut und eine depressive Entwicklung auslösen.

Auch der Verlust der sozialen Rolle (als Mutter oder im Beruf) kann eine Altersdepression begünstigen. Wenn ältere Menschen gewohnte Aufgaben wie die Haushaltsführung nicht mehr selbstständig bewältigen können oder eine ihr Leben lang ausgeführte Funktion (bspw. den Vereinsvorsitz) verlieren, gehen auch Struktur, Vergnügen, Lob und letztlich Selbstwert verloren.

Alzheimer

RatgeberAlzheimer – Definition, Symptome & Ursachen

Ein erhöhtes Risiko für eine Depression im Alter haben Menschen

  • mit hirnorganischen Erkrankungen, z. B. beginnender Alzheimer-Demenz
  • mit länger bestehenden Schlafstörungen
  • mit anhaltenden körperlichen Erkrankungen, insbesondere, wenn sie mit Schmerzen einhergehen und/oder die Mobilität einschränken
  • mit psychiatrischen Erkrankungen in der Vorgeschichte
  • mit Familienmitgliedern, die unter Depressionen leiden oder litten
  • in einschneidenden Lebenssituationen (z. B. der Tod des Partners)
  • die Missbrauchserlebnisse in frühen Lebensphasen gemacht haben
  • die anhaltenden Stressbelastungen und Überlastung ausgeliefert sind (z. B. anhaltende Armut)
  • mit fehlendem/eingeschränktem sozialen Netzwerk (mangelnde Anerkennung, soziale Ausgegrenztheit)
  • mit geringerer Bildung
  • Eine Rolle kann außerdem die Wohnsituation spielen: Wer in einer städtischen Umgebung und in einer Mietwohnung wohnt, ist statistisch gesehen stärker gefährdet als jemand, der auf dem Land und in einem Eigenheim wohnt.

Altersdepression: Diagnose

Depressionen werden ausschließlich von einem Arzt oder Therapeuten diagnostiziert. Da viele Menschen im höheren Alter körperliche Begleiterkrankungen vorweisen und regelmäßig Medikamente einnehmen, ist eine ausführliche Diagnostik sehr wichtig.

Erkranken ältere Menschen zum ersten Mal in ihrem Leben an einer Depression, so werden auch die körperlichen Leiden untersucht, die typischerweise mit einer Depression zusammen auftreten. Diese ausführliche Diagnostik umfasst organische Untersuchungen (z. B. des Gehirns) sowie eine Analyse der Laborwerte (z. B. um den Verdacht auf eine Schilddrüsenerkrankung auszuschließen).Info

Checkliste für den Arztbesuch: Diagnose einer Altersdespression

Um eine möglichst genaue Diagnose der Beschwerden zu stellen, sollten Betroffene folgende Dokumente bei ihrem ersten Termin beim behandelnden Arzt mitbringen:

  • Aktueller Behandlungsbericht (fachärztlich oder hausärztlich), aus der die psychiatrische Diagnose, aktuelle und frühere Krankheitsepisoden, körperliche Vorerkrankungen hervorgehen.
  • Liste ihrer aktuellen und bisherigen Medikamente (nach Möglichkeit mit Dosishöhe und Dauer).
  • Weitere bereits vorliegende Vorbefunde (z. B. aktuelle Laborwerte, EKG, cerebrales CT oder MRT).

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Speziell für ältere Patienten wurde die Geriatrische Depressionsskala (GDS), auch Depressionstest nach Yesavage genannt, entwickelt. Der Fragebogen besteht aus 15 Fragen, die mit „ja“ oder „nein“ beantwortet werden. Im Ergebnis liefert er Hinweise darüber, ob eventuell eine Altersdepression oder eine depressive Stimmungslage vorliegt. Der Fragebogen ersetzt jedoch nicht die Untersuchungen und Gespräche mit dem Arzt oder Therapeuten.

Altersdepression: Grade & Stadien

Es gibt zwei Verlaufsform der Krankheit:

  • chronische Altersdepression
  • episodenhafte Altersdepression

Beim episodenhaften Verlauf kommt es in unregelmäßigen Abständen immer mal wieder zu Krankheitsphasen. Bei der chronischen Verlaufsform bleibt die Krankheit anhaltend bestehen. Unterschieden wird je nach Häufigkeit und Ausprägung der Symptome zwischen leichten, mittelschweren und schweren Depressionen.

Bei einigen wenigen Betroffenen treten depressive Phasen abwechselnd mit manischen Episoden auf. Früher nannte man dies manisch-depressiv, heute spricht man von einer bipolaren Störung. Die bipolare Störung wird als eigenständige Erkrankung von der Depression abgegrenzt.Tipp

Grundsätzlich gilt: Je früher eine Depression erkannt und behandelt wird, desto kürzer verläuft in der Regel der Verlauf der Krankheit.

Altersdepression: Behandlung

Die Behandlung von Depressionen ist bei älteren Menschen genauso wichtig wie bei jüngeren. Viele Menschen, darunter auch Ärzte und Therapeuten, gehen heute leider immer noch davon aus, dass es normal sei, wenn sich Menschen im Alter zurückziehen, schlechter schlafen, ihre Hobbies aufgeben oder weniger Freude am Leben empfinden. Dabei ist das Gegenteil der Fall: Studien zeigen, dass die Lebenszufriedenheit im Alter eher ansteigt. Ältere Menschen besitzen die Fähigkeit, trotz eingeschränkter Möglichkeiten zufrieden zu sein. Vor dem Hintergrund des gesamten Lebens können ältere Menschen das Erreichte und Erlebte betrachten und Gefühle besser kontrollieren.

Bei der Behandlung von Depressionen haben sich sowohl die

  1. medikamentöse Behandlung als auch
  2. psychotherapeutische Verfahren

als wirksam erwiesen.

1. Altersdepressionen mit Medikamenten behandeln

Manchmal funktioniert das Gehirn von Menschen, die an einer Depression erkrankt sind, nicht mehr so wie vorher. Die Ursache liegt häufig in einem hormonellen Ungleichgewicht im Gehirn. Durch die Einnahme von Medikamenten wie Antidepressiva kann das hormonelle Gleichgewicht wieder hergestellt werden.Info

Medikamente mit Bedacht einnehmen

Sollten depressiven Menschen Antidepressiva verabreicht werden, muss der behandelnde Arzt auf eine sorgfältige Auswahl des Medikaments achten. Viele ältere Patienten nehmen in der Regel bereits regelmäßig Medikamente ein. Durch die Verabreichung neuer Medikamente kann es zu Wechselwirkungen kommen. Speziell bei älteren Patienten sollten nur Arzneimittel ausgewählt werden, die das Risiko eines Sturzes nicht erhöhen.ausklappen

2. Altersdepression mit Psychotherapie behandeln

Die Psychotherapie hat sich für ältere Menschen als sehr wirksame Methode erwiesen, Depressionen zu behandeln. Sie sollte von einem psychologischen oder ärztlichen Psychotherapeuten, der auf die Behandlung älterer Menschen spezialisiert ist, durchgeführt werden. Die Therapie wendet verschiedene Verfahren an, um die individuellen psychischen Probleme möglichst „passgenau“ zu behandeln. Dabei werden Lebensthemen wie

  • Angst vor Behinderung
  • Pflegebedürftigkeit
  • Einsamkeit
  • Abhängigkeit und der
  • Wegfall von Alltagsstrukturen

besprochen. Für viele ältere Menschen sind diese Themen sehr präsent in ihrem Alltag.

Zur Unterstützung verwenden Therapeuten häufig einen Wochenplan, in dem der Patient seine Stimmung, Beschäftigung und besondere Ereignisse notieren kann. Das hilft sowohl dem Betroffenen als auch dem behandelnden Therapeuten, bestimmte Verhaltensweisen zu beobachten und ggf. zu hinterfragen. Der Wochenplan kann auch helfen, gegen den typischen Aktivitäts- und Interessensverlust vorzugehen und eine aktive Tagesstruktur zu erarbeiten.

11 Tipps, mit denen Sie als naher Angehöriger die Lebensqualität von depressiven Menschen steigern

  1. Personen in der unmittelbaren Umgebung bemerken meist als erste, dass Betroffene sich anders verhalten. Sprechen Sie das Thema Depressionen behutsam an und weisen Sie auf die guten Heilungschancen durch eine Behandlung hin.
  2. Nehmen Sie die Beschwerden der Betroffenen Person ernst. Im Umgang mit altersdepressiven Patienten ist es besonders wichtig, dass Angehörige und andere Kontaktpersonen die Beschwerden als Erkrankung anerkennen.
  3. Unterstützen Sie Ihren Angehörigen dabei, passives und inaktives Verhalten zu überwinden. Aktivieren Sie die Person, indem Sie positive Erfahrungen steigern. Wenn Ihrem Angehörigen bspw. das Gärtnern gefällt, planen Sie mit ihm, das Beet im Garten neu zu bepflanzen.
  4. Helfen Sie Ihrem Angehörigen dabei, seinen Tag zu strukturieren. Tragen Sie dazu z. B. mit ihm zusammen die anfallenden Aufgaben der Woche in einen Kalender ein.
  5. Bauen Sie für Ihren depressiven Angehörigen ein funktionierendes Versorgungs- und Unterstützungssystem auf. Bemühen Sie sich, den familiären und partnerschaftlichen Austausch zu verbessern. Sprechen Sie sich auch mit Verwandten und Bekannten ab und organisieren Sie regelmäßige Besuche oder Anrufe.
  6. Bestärken Sie Ihren depressiven Angehörigen darin, soziale Kontakte aufzubauen, bspw. durch einen Beitritt in einem Verein oder einem Chor.
  7. Unterstützen Sie ihn auch dabei, Fertigkeitsdefizite zu überwinden und positive Verhaltensweisen einzuüben.
  8. Helfen Sie der Person dabei, Vergangenes besser zu bewältigen. Machen Sie deutlich, worauf man stolz sein kann und stellen Sie Veränderungen, die ohne eigenes Wollen erforderlich wurden, heraus. Benennen Sie auch Unerwartetes und Unverhofftes.
  9. Vermeiden Sie Phrasen wie „Du musst positiv denken“. Sie vermitteln dem Kranken lediglich, dass man ihn nicht versteht. Versuchen Sie nicht, krampfhaft die Stimmung aufzuhellen. Dies kann für Betroffene sehr belastend werden, da sie ein schlechtes Gewissen entwickeln. Wichtiger ist es, dass Sie zuhören und geduldig bleiben.
  10. Suchen Sie Adressen von Therapeuten in ihrer Nähe heraus und stellen Sie diese Ihrem Angehörigen zur Verfügung. Damit führen Sie ihn sanft an das Thema heran. Geben Sie ihm Zeit, sich mit dem Gedanken anzufreunden, sich in Behandlung zu begeben.
  11. Informieren Sie sich über das Krankheitsbild der Altersdepression, z. B. über Ratgeber-Literatur.
Altersdepression: Hautzinger Ratgeber Tipps

pflege.de-Buch-Tipp:

Prof. Dr. Martin Hautzinger
Wenn Ältere schwermütig werden
Hilfe für Betroffene und Angehörige
Beltz Verlag, Weinheim, Basel 2006
197 Seiten, 24,95 Euro

Altersdepressionen: Die Depressionsspirale

Eine depressive Episode wird manchmal mit dem Bild einer Depressionsspirale erklärt, bei der der Gefühlshaushalt in einer Abwärtsbewegung stufenweise immer weiter abfällt. Dass sich die depressive Phase verschlechtert, merken Betroffene dann gar nicht, da die Verschlechterung in kleinen, manchmal gar nicht bemerkbaren Schritten vorangeht. Auslöser für dieses Abrutschen sind von Person zu Person unterschiedlich. Es können z. B. Schlafstörungen, eine schlechte Nachricht oder die seit Tagen anhaltende schlechte Laune sein.

Selbsthilfe durch ein Stimmungsprotokoll

Was drückt meine Stimmung und was macht mich froh? Das herauszufinden ist gar nicht so einfach. Dafür ist es hilfreich, die eigene Depressionsspirale zu beobachten, Aktivitäten und Gedanken aufzuschreiben und damit den Absturz in die Schwermut rechtzeitig zu erkennen. Tagespläne helfen, den Gefühlsverlauf über die Zeit besser zu verstehen.

Ein Tagesprotokoll können Sie sich ganz leicht selbst erstellen. Es kann zum Beispiel so aussehen:Info

Stimmungsprotokoll – so könnte es aussehen

Datum:
UhrzeitWas habe ich getan, erlebt, gedachtStimmung
08:00 – 9:00Aufgestanden, Frühstück, trübe Gedanken5
09:00 – 10:00Anruf von einem Bekannten, Zeitung gelesen2
10:00 – 11:00Abgewaschen, auf Anruf von Tochter gewartet, nichts getan4
11:00 – 12:00Bin trotz Regen einfach gelaufen, traf M., unterhalten3
12:00 – 13:00gekocht, gegessen, Radio gehört3
13:00 – 14:00  
usw.  
1 = sehr gute Stimmung; 2 = gute Stimmung; 3 = mittelmäßige Stimmung; 4 = weniger gute Stimmung; 5 = schlechte Stimmung; 6 = sehr schlechte Stimmung

ausklappen

Schritt 1: Verwenden Sie das Tagesprotokoll über einen Zeitraum von mindesten 14 Tagen. Halten Sie sich dazu an, das Protokollblatt alle drei bis vier Stunden zu befüllen. So vermeiden Sie, dass sich verschiedene Eindrücke des Tages miteinander vermischen. Schauen Sie sich nach einer oder zwei Wochen Ihre Stimmungsergebnisse an und fragen Sie sich: „Was unterscheidet die Tage mit schlechter Stimmung (5 oder 6) von denen mit besserer Stimmung (3 und besser)?“. Sie haben nun wichtige Daten über Ihr Gefühlsleben gesammelt und können erkennen, welche Ereignisse die Gefahr bergen, die Abwärtsspirale auszulösen.

Schritt 2: Fragen Sie sich, was Ihnen Freude bereitet. Sind Sie gern mit Ihrer Familie zusammen? Gehen Sie gern in eine Kneipe? Probieren Sie gerne neue Rezepte aus? Oder hören Sie gern Geräuschen in der Natur zu? Schreiben Sie sich eine Liste mit all den Dingen und Tätigkeiten, die für Sie schön und angenehm sind.

Schritt 3: Sie haben in Schritt 1 und Schritt 2 herausgefunden, welche Aktivitäten Ihnen Freude bereiten und welche Aktivitäten Ihre Stimmungslage kippen lassen können. Nun geht es darum, die schönen Aktivitäten in den Alltag zu integrieren. Das ist gar nicht so einfach, denn unser Alltag besteht aus vielen Routinen, die wir oft nur mit großer Kraftanstrengung durchbrechen. Menschen mit Depressionen fehlt diese Kraft aber meistens. Daher lohnt es sich, den Alltag geplant umzugestalten und gezielt die angenehmen Dinge in den Tages- und Wochenablauf zu integrieren. Füllen Sie Ihren Tag mit angenehmen Pflichten im Wechsel mit unangenehmen Pflichten.

Schritt 4: Durchhalten! Neues Denken und neue Verhaltensweisen müssen eingeübt werden, damit sie selbst zur Gewöhnung werden. Jede Krise und Veränderung – derer es im Alter viele gibt – erschüttern das neue Verhalten. Es gilt daher, positive Akzente immer wieder aufs Neue in die kommenden Wochenabläufe einzuplanen. Halten Sie sich die Stunde am Sonntag nach dem Mittagessen frei, um den Plan für die kommende Woche zu erstellen. Das Wichtigste ist, die Dinge wirklich umzusetzen.

Weitere Hilfen und Rat können Angehörige und Betroffene erhalten bei:

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4.1 / 5 44 BewertungenQuellenangabenErstelldatum: 8102.80.51|Zuletzt geändert: 0202.01.62Weiterlesen imMagazinInterview„Alter Junge“ – ein Kurzfilm über Einsamkeit im AlterInterviewAltersdepressionen » So handeln pflegende Angehörige richtigInterviewAltersdepression: Betroffene unterstützenInterviewRaus aus der Schwermut: Psychotherapie bei AltersdepressionInterviewSilbernetz – Eine Telefon-Hotline für einsame alte Menschen

Prof. Dr. Ulrich Hegerl

Herr Prof. Dr. Hegerl, Sie setzen sich tagtäglich für die Erforschung und Aufklärung von Depression und Suizidprävention ein. Worin besteht – Ihrer Erfahrung nach – das größte Problem bei der Aufklärung von Altersdepressionen und Suizidalität?

Das größte Problem ist, dass die Depression bei Senioren noch häufiger als bei jüngeren Menschen übersehen wird. Depressive Symptome wie Hoffnungs- und Freudlosigkeit, Schlafstörungen oder Erschöpfungsgefühl werden oft nicht als Ausdruck einer eigenständigen schweren Erkrankung gesehen. Fälschlicherweise werden diese als nachvollziehbare Reaktion auf die Bitternisse des Alters oder als Folge körperlicher Erkrankungen interpretiert. Auch deshalb steigt das Suizidrisiko mit zunehmendem Alter, insbesondere bei Männern, an.

Sie nennen Hoffnungs- und Freudlosigkeit sowie Schlafstörungen als depressive Symptome. Was sind weitere typische Warnsignale im Verhalten von Betroffenen, die Angehörige kennen sollten?

Neben der gedrückten Grundstimmung leiden depressive Menschen in der Regel an einem permanenten Erschöpfungsgefühl. Nichts macht mehr Freude. Betroffene leiden unter vermehrten Schuldgefühlen, indem sie sich zum Beispiel als eine Belastung für andere sehen. Auch das Gefühl der inneren Daueranspannung, etwa wie vor einer Prüfung, plagt Betroffene. Hinzu kommen in den meisten Fällen körperliche Missempfindungen, Betroffene schlafen schlecht und haben keinen Appetit, was oftmals mit Gewichtsverlust verbunden ist. Fast alle Patienten mit schweren Depressionen haben zumindest Suizidgedanken.Im Alter werden depressive Störungen durch auftretende Sprech- und Denkhemmung – das heißt Denken und Sprechen werden als „gebremst“ oder „blockiert“ wahrgenommen – und durch Konzentrationsstörungen oftmals mit einer Demenz verwechselt. Für den Arzt ist die Abgrenzung aber gut möglich.Prof. Dr. Ulrich Hegerl

Jemand, der keine depressiven Phasen erlebt hat, kann vermutlich nicht nachempfinden, wie sich der Betroffene fühlt. Das bedeutet, es fehlt häufig ein gegenseitiges Verständnis für die Situation von Angehörigen und Betroffenen: Was sind Ängste von Angehörigen – und mit welchen Ängsten haben altersdepressive Menschen zu kämpfen?

Zwei Drittel der Bevölkerung gaben in dem von uns durchgeführten „Deutschland-Barometer Depression“ an, dass sie sich über die Erkrankung im Alter nicht gut informiert fühlen. Deshalb rate ich, informieren Sie sich – wer weiß, was die Depression ist, kann besser damit umgehen.Wichtig ist, dass eine Depression nicht mit Zuneigung der Familie allein behandelt werden kann, sondern medizinische Hilfe erfordert. Am besten können Angehörige unterstützen, indem sie einen Termin beim Arzt organisieren und den Betroffenen gegebenenfalls dorthin begleiten.Prof. Dr. Ulrich Hegerl

Mein Tipp für Angehörige und Freunde der Betroffenen: Sie sollten ihre eigenen Belastungsgrenzen kennen und sich auch Unterstützung organisieren.

Wenn pflegende Angehörige oder Freunde bei ihrem pflegebedürftigen Verwandten bzw. Bekannten eine Altersdepression vermuten, informieren sich viele online. Dort finden sie oftmals den Tipp, den Betroffenen behutsam auf das Thema Depression anzusprechen. Doch das ist leichter gesagt als getan. Wie sollten Angehörige ein solches Gespräch am besten beginnen?

Ich würde ein Gespräch damit beginnen, dass ich gemerkt habe, dass es dem älteren Menschen nicht gut geht und ich mir Sorgen mache. Dann würde ich konkret vorschlagen, zum Arzt zu gehen und das einmal abklären zu lassen.

Bei welchem Arzt vereinbare ich am besten einen Termin? Und wenn ich mehr Informationen zum Thema Depression brauche, welche Anlaufstellen können Sie empfehlen?

Der erste Ansprechpartner kann der Hausarzt sein. Bei schweren und hartnäckigen Depressionen kann auch gleich der Facharzt, das heißt der Psychiater, aufgesucht werden.
Wenn Angehörige, Bekannte oder sogar Betroffene wissenschaftlich fundierte Informationen zur Erkrankung suchen, empfehle ich die Seite www.deutsche-depressionshilfe.de.TippInformationen und Hilfe für Angehörige und Betroffene

Die Stiftung Deutsche Depressionshilfe, deren Vorstandsvorsitz Sie innehaben, hat im November 2019 das dritte „Deutschland-Barometer Depression“ veröffentlicht. Es zeigt, dass sich nur wenige an Altersdepression erkrankte Menschen in Behandlung begeben. Die Bereitschaft, sich Hilfe vom Psychotherapeuten zu holen, sinkt mit dem Alter. Was sind mögliche Gründe dafür und was können Angehörige tun, wenn Betroffene jegliche Hilfe ablehnen?

Depressiv Erkrankte tun sich ganz unabhängig vom Alter schwer damit, sich professionelle Hilfe zu holen. Sie sind zu erschöpft, um einen Arzttermin zu organisieren, sind weiter hoffnungslos und glauben, dass ihnen sowie so niemand helfen kann. Zudem geben sie sich auch selbst die Schuld an ihrem Zustand. Dies trifft auch auf ältere depressiv Erkrankte zu. Die Befragung hat aber auch ergeben, dass viele ältere Menschen durchaus offen für eine Psychotherapie wären – dass ihnen diese jedoch nur äußerst selten angeboten wird.

Wenn der offensichtlich Erkrankte jede Hilfe ablehnt, ist das für Angehörige eine belastende, von quälender Hilflosigkeit geprägte Situation. Dann können Angehörige nur immer wieder ermuntern, sich doch helfen zu lassen und den Weg zum Arzt erleichtern. Zum Beispiel indem sie den Arzttermin vereinbaren und den Patienten, wenn gewünscht, begleiten. Besteht der Eindruck einer akuten Lebensgefahr, dann sollten Angehörige oder Freunde den Notarzt verständigen.

Ob Altersdepression oder Suizidprävention: Welche modernen Unterstützungsangebote gibt es in diesen Bereichen? Worin unterscheiden sie sich von den klassischen Angeboten wie Selbsthilfegruppen oder Hotlines für depressive Menschen?

Wir haben, gefördert vom Bundesministerium für Gesundheit, ein kostenfreies E-Learning-Programm zum Thema „Altersdepression und Umgang mit Suizidalität“ für pflegende Angehörige und ambulante Altenpflegekräfte entwickelt. Das ca. zweistündige Programm vermittelt Wissen, zeigt erste Handlungsmöglichkeiten bei Verdacht auf Depression und Suizidalität auf und stellt in Videosequenzen den Umgang mit depressiv Erkrankten im Pflegealltag exemplarisch dar.

Ziel ist es, durch die Schulung von pflegenden Angehörigen und Altenpflegekräften das Erkennen von Depression bei älteren Pflegebedürftigen zu erleichtern und die Sicherheit im Umgang mit depressiv Erkrankten zu fördern. Zudem werden Informationen zu Anlaufstellen vermittelt, wo betroffene Senioren professionelle Hilfe finden.

Die klassischen Angebote Selbsthilfegruppe oder Telefon-Hotlines richten sich oftmals an die Betroffenen. Das E-Learning-Programm wiederum soll Altenpflegekräfte und pflegende Angehörige für das Thema Altersdepression sensibilisieren. Im Fall der Fälle sollen sie handeln und Betroffenen helfen können.Info

Das E-Learning-Programm in der Testphase

Die Online-Fortbildung zu Altersdepression wird derzeit im Rahmen einer Evaluationsstudie von ambulanten Altenpflegekräften getestet. Wenn Sie selbst in der häuslichen Altenpflege tätig sind und teilnehmen möchten, können Sie sich unter esor@deutsche-depressionshilfe.de oder 0341/22387450 beim Studienteam melden. Aus Gründen der Vergleichbarkeit können pflegende Angehörige an dieser Evaluationsstudie noch nicht teilnehmen.

Nach der Evaluationsstudie wird die Online-Fortbildung optimiert und kostenfrei für alle Interessierten im Internet zur Verfügung gestellt.

Spielt die Ursache der Depression eine maßgebliche Rolle, wie ein Angehöriger mit dem Betroffenen umgehen sollte? Zum Beispiel wenn ein Trauma oder die Pflegebedürftigkeit mit eingeschränkter Mobilität Auslöser der Depression ist?

Um an einer Depression zu erkranken, ist eine Veranlagung entscheidend. Diese kann vererbt sein, aber auch erworben, zum Beispiel durch Traumatisierungen oder Missbrauchserlebnisse in der Kindheit. Hat jemand diese Veranlagung, dann besteht das ganze Leben über das Risiko des Abgleitens in die Depression. Das Risiko besteht auch dann, wenn es keine nennenswerten äußeren Belastungen gibt. Die meisten Menschen mit Depressionen im höheren Alter hatten deshalb bereits in früheren Lebensabschnitten depressive Krankheitsphasen.

Was oft nicht bedacht wird: Depression ist eine eigenständige Erkrankung und mehr als eine Reaktion auf eingeschränkte Mobilität oder andere schwierige Lebensumstände. Obwohl es im Alter vermehrt zu körperlichen Erkrankungen, Einsamkeit und Verlusterlebnissen kommt, sind Depressionen im höheren Alter sogar weniger häufig als im jüngeren Erwachsenenalter.Die Ursache der Depression spielt keine maßgebliche Rolle, wie sich das soziale Umfeld verhalten sollte. Generell rate ich im Umgang mit depressiv Erkrankten dazu, sich als Angehöriger von Mitmenschlichkeit und gesundem Menschenverstand leiten zu lassen.Prof. Dr. Ulrich Hegerl

Wenn man erkennt, dass Depression eine Erkrankung wie andere auch ist, dann wird es leichter fallen, das veränderte Verhalten richtig einzuordnen. Die Familie kann die Depression nicht heilen. Sie kann den Erkrankten aber dazu motivieren, sich Hilfe zu holen und die Behandlung konsequent durchzuführen. Die beiden wichtigsten Behandlungssäulen bei Depression sind Antidepressiva und Psychotherapie – beides wird von den Krankenkassen getragen.

Prof. Dr. Hegerl, vielen Dank für das Interview!QuellenangabenErstelldatum: 0202.40.02|Zuletzt geändert: 0202.80.72Nach obenDas könnte Sie auch interessierenÜber Pflege.de

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